Tom-Oliver Regenauer | 06.05.2021 | Lesezeit: 6 Minuten
Es herrscht Ausnahmezustand. Seit Jahrzehnten. Jedes Jahr erleben wir eine Katastrophe, Krise oder Plage. Früher war es der kalte Krieg, die Ölkrise, Iran-Contra-Affäre und die RAF. Danach der internationale Terrorismus, Vogel- und Schweinegrippe, die Finanzkrise oder die Zuwanderung. Um nur einige Panik-Highlights der vergangenen Dekaden anzuführen. Irgendetwas macht den Menschen immer Angst.
Das ist kein Zufall, sondern systemisch. Aufmerksamkeit erhält, wer laut ist. So wetteifern Medien um die auffälligste Schlagzeile und sind sich nicht zu schade, Meldungen zum Skandal zu stilisieren, die ohne ihr Zutun keiner wären. Auflagen und Seitenzugriffe wollen generiert werden. Die feudalistische Politikerkaste der abgenutzten westlichen Demokratien nutzt Disruption, Skandale und Ausnahmezustände nur zu gerne, um kontroverse Vorhaben im Schatten der Angst oder auf der Welle der Empörung zu realisieren.
»Mit der Furcht fängt die Sklaverei an, aber auch mit Zutrauen und Sorglosigkeit.« (Johann Gottfried Seume)
Bisher waren Krisen, die zugehörige Berichterstattung sowie relevante Gegenmaßnahmen aber meist räumlich begrenzt. Sie wirkten sich auf einzelne Länder oder Regionen aus – im Gegensatz zur Corona-Krise, die einen nie dagewesenen globalen Gleichklang ausgelöst hat. In allen der WHO zugehörigen Ländern sind nahezu identische Kommunikation, Maßnahmen und Folgen zu beobachten. Der vor Corona undenkbare Lockdown ganzer Gesellschaften war ein chinesischer Exportschlager.
Allerdings verliert das Virus im Moment an Schrecken. Die ohnehin fragwürdigen Inzidenzen sinken, auch in Ländern ohne Lockdowns, und immer mehr Menschen hinterfragen das staatliche Krisenmanagement. Kreiert es doch mehr Leid als das Virus selbst. Auch wird anhand verschiedener Kennzahlen immer deutlicher, dass wir es niemals mit einer existenziellen Bedrohung zu tun hatten. So waren im Jahr 2020 zum Beispiel durchschnittlich nur 4% der Patienten auf Intensivstationen aufgrund von COVID-19 in Behandlung. Alles andere als eine Todesseuche. (Quelle: Bundesgesundheitsministerium)
Verliert das Narrativ des Killer-Virus jedoch sein Momentum und die Menschen den Glauben daran, entzieht dies der machtbesessenen Politik des Merkel’schen NoCovid-Zentralkomitees die Legitimation. Da man im Kanzleramt scheinbar nicht gewillt ist, die neue totalitäre Machtfülle aufzugeben, müssen neue Begründungen für die Einschränkung von Grundrechten und Verfassungsgrundsätzen her. Was eignet sich nach dem kaum greifbaren Gegner Corona besser, als eine noch abstraktere Bedrohung, um den Machterhalt zu sichern? Das Bundesverfassungsgericht hat in vorauseilendem Gehorsam mit Beschluss zum Klimaschutzgesetz vom 31. April 2021 bereits erklärt:
»Künftig können selbst gravierende Freiheitseinbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein; gerade deshalb droht dann die Gefahr, erhebliche Freiheitseinbußen hinnehmen zu müssen.«
»Ein Klima-Lockdown nach dem Corona-Lockdown wäre falsch.« So zitiert die »Welt« am 3. Mai 2021 den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Die Frage, die sich dabei stellt, ist: Auf wessen Frage antwortet der Mann überhaupt? Bis auf Karl Lauterbach hat bisher kein prominenter Regierungsvertreter dieses Wort öffentlichkeitswirksam in den Mund genommen. Und Lauterbach hat es in der betreffenden Sendung als Verschwörungstheorie abgetan; auch wenn er zwei Sätze zuvor (21:20 Min.) noch selbst artikulierte, dass Lockdowns auch im Kontext des Klimaschutzes ein probates Mittel und wohl bald von Nöten seien. Was aber erwartet die Menschheit nun nach einem desaströsen Jahr, unzähligen Paradigmenwechseln und Dammbrüchen im Zuge der Pandemie?
Nachdem die Politik im Zuge von COVID-19 ihre Machtbefugnisse auf unverschämte Art und Weise ausgeweitet hat, ist nicht davon auszugehen, dass sie diese freiwillig wieder zurücknimmt. Freiheiten haben sich aufgeklärte Gesellschaften in der Geschichte immer mühsam erkämpft. Daher ist anzunehmen, dass das neue Instrumentarium totalitärer Regierungsmethoden nun auch auf andere Problemfelder angewendet werden soll. Auf solche, die für die Fundamente der freiheitlichen Gesellschaft noch bedrohlicher sein dürften als ein Virus mit Mortalität im Promillebereich.
»Untergangspropheten, die vom Pessimismus leben - und gar nicht schlecht - empfinden jede Art von Zuversicht zwangsläufig als Existenzbedrohung.« (Bob Hope)
Die Auswahl ist groß. Cyber-Angriffe, flächendeckende Stromausfälle, militärische Konfrontationen an der russisch-ukrainischen Grenze, Unterbruch elementarer Lieferketten, Finanzblasen, Währungsverfall, Asteroiden auf Kollisionskurs, Super-AI, das nächste Virus, Atomschläge – oder eben der Klimawandel. Dieser wird von Markus Söder in einem Tweet vom 4. Mai 2021 salopp als nächste »pandemische Herausforderung« bezeichnet. Semantischer Blödsinn. Nachdem sich die Bevölkerung aber bereits an das Gehorsam auslösende Signalwort »Pandemie« gewöhnt hat, warum sollte der bayrische Ministerpräsident da differenzierter formulieren? Superlative sind en vogue und machen den Weg frei für sperrige Vorhaben. Siehe Impf-Apartheid oder Totalüberwachung per Corona-App und digitalem Travel-Pass. Schöne neue Post-Corona-Welt.
Fakt ist: Die wirtschaftlichen Folgen der Lockdown-Politik beginnen gerade erst, sich zu entfalten. Preise für Öl und Lebensmittel steigen, Holz und andere Werkstoffe werden knapp, Lieferengpässe bei Computer-Chips lassen die Bänder in der Automotive-Branche stillstehen. Negativzinsen gibt es schon. Manch ein Regalfach im Supermarkt ist leer. Die Innenstädte verwaisen zunehmend, weil wenige bereit sind, sich für einen Friseurtermin oder zum Shopping dem Test-Zwang auszusetzen – wenn die Geschäfte überhaupt geöffnet sind. Airlines haben einen Großteil ihrer Flotte gegroundet. Fernbusse stehen in den Depots. Dazu gibt es bereits jetzt offiziell eine Million mehr Arbeitslose in Deutschland als vor der Pandemie. Wie viele werden es sein, wenn die Reaktivierung des Insolvenzrechts ab Mai 2021 voll durchschlägt und all die Zombie-Firmen tatsächlich Konkurs anmelden?
Im schlimmsten Fall stehen der Welt ein Zusammenbruch des Finanzsystems, Massenarbeitslosigkeit, massive gesellschaftliche Verwerfungen sowie Kriege ins Haus. Gewaltige Kreditausfälle sind zu erwarten und können einen Dominoeffekt am Finanzmarkt auslösen, der spielend das gesamte Weltwirtschaftssystem in den Kollaps reißt. Blasen gibt es genug. Und wie schnell das labile Konstrukt des Casino-Kapitalismus zusammenbrechen kann, hat uns bereits die Finanzkrise 2008 gezeigt. Schon damals ist das globale Finanzsystem haarscharf am Exodus vorbeigeschrammt. Den meisten Menschen ist das nicht wirklich bewusst. Die Finanzkrise 2008 betraf den Normalbürger ja nur bedingt. Wozu sich also den Kopf über (Zentral-) Banken und langweilige Finanzinstrumente zerbrechen? Über 70 Jahre Frieden, Freiheit, Wohlstand, Wachstum und Konsum wiegen die europäischen Gesellschaften in trügerischer Sicherheit. Übersättigung macht träge, unkritisch und unmündig. Dabei wäre genau in der Krise die Stunde des Souveräns.
»Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.« (Albert Einstein)
Wenn das Fiat-Geld-Finanzsystem zusammenbrechen sollte, wird die Einführung digitaler Währungen als alternativloser Rettungsanker gelten. Die Zentralbanken arbeiten bereits emsig am Roll-out. Das elektronische Geld könnte ein Verfallsdatum haben, um mit dem so erzwungenen Konsum die von der Pandemie marodierte Wirtschaft zu beleben – in China testet man dieses Modell bereits. Aufgrund grassierender Arbeitslosigkeit wird der Staat in paternalistischer Art und Weise den Erlöser geben und schließlich ein bedingungsloses Grundeinkommen anbieten, um völligem Chaos vorzubeugen. Die Bevölkerung wird das nicht nur hinnehmen, sondern aufgrund der Notlage aktiv einfordern; ohne zu bedenken, in welche Abhängigkeiten das führt und in was für einem totalitären System ihr Nachwuchs künftig lebt, wenn jede monetäre Bewegung nachvollziehbar und mit weiteren persönlichen Daten gekoppelt sein wird. So wird ein feuchter Traum der elitären Zirkel zur Nadel im Arm des Steuerzahlers, der fortan dem Wohlwollen des Staatsapparats ausgeliefert ist. Auch das gibt es heute schon. In den USA wird Sozialhilfeempfängern die Unterstützung verweigert, wenn sie verschriebene Psychopharmaka nicht einnehmen, welche sie emotional unter Kontrolle halten sollen. Geld für Gehorsam und Gegenleistungen.
Totales Chaos droht, wenn Lieferengpässe sich auf Nahrungsmittel und Artikel des täglichen Bedarfs ausweiten. Oder bei einem längeren Blackout. Man stelle sich vor, was in einer Stadt wie Berlin oder New York passieren würde, wenn Strom und Internet einige Tage lang ausfielen oder das Brot knapp wird. Jedes Ballungsgebiet würde zum Pulverfass. Wurden deswegen in den zurückliegenden Jahren in vielen Ländern Gesetze erlassen, die den Einsatz des Militärs im Inland und gegen die eigene Bevölkerung gestatten?
Einen handfesten Bürgerkrieg in Deutschland hält manch ein renommierter Soziologe mittlerweile für durchaus wahrscheinlich. Und auch territoriale Kriege stehen den Europäern vielleicht wieder ins Haus. Die Provokationen der NATO nahe der russischen Grenze haben in den letzten Wochen mehrfach für diplomatische Scharmützel gesorgt. Der sonst eher besonnen agierende Putin ließ sich gar zu ernsthaften Warnungen gen Westen hinreißen und sprach in Manier eines Zaren von »roten Linien«, die man nicht überschreiten dürfe. Währenddessen schreiben hiesige Medien Annalena Baerbock ins Kanzleramt, die ihrerseits auf Konfrontationskurs mit Russland ist. Siehe Nord Stream 2.
Düstere Zeiten stehen der Menschheit bevor. Auch wenn die postulierten Szenarien wirken, wie aus einem dystopischen Science-Fiction-Film, sind sie derzeit leider allesamt recht wahrscheinlich. Die Indikatoren sind vielsagend – und ein Fenstersturz oder Reichstagsbrand genügt, um den ersten Dominostein umzuwerfen.
»Die Hoffnung ist der Regenbogen über dem herabstürzenden Bach des Lebens.« (Friedrich Nietzsche)
Foto: Brett Jordan