Tom-Oliver Regenauer | 13.11.2022
Es war einmal ein kanadisch-amerikanischer Einzelhändler. Er wurde 1847 in Toronto geboren und machte später in den Vereinigten Staaten Karriere. Nachdem er zunächst in Chicago mit einem Eisenwarenladen sowie einem Süßwarengeschäft versucht hatte, Geld zu verdienen, sich jedoch zu Höherem berufen fühlte, wechselte er ins Immobiliengewerbe. Er wurde Liegenschaftsverwalter für die »Rock Island Railroad«, wo er für die Landerschließung verantwortlich war und es schließlich bis in den Vorstand schaffte.
Hobart Johnstone Whitley, so sein Name, hatte es nach bescheidenen Anfängen zu etwas gebracht. Im Jahr 1893 zog er nach Kalifornien und ließ sich in Los Angeles nieder, wo er ein Jahr später ein Juweliergeschäft eröffnete. Irgendwann kaufte Whitley 480 Hektar unerschlossenes Land vor den Toren der damals vergleichsweise überschaubaren Metropole. Gerade einmal 18 Familien lebten zu diesem Zeitpunkt dort. Ödland sozusagen. Whitley jedoch sah vor seinem inneren Auge bereits eine neue Stadt auf der ruralen Scholle entstehen, einen boomenden Vorort.
Seinen Namen erhielt das zu entwickelnde Brachland außerhalb von LA durch Daeida Wilcox, Tochter eines wohlhabenden Großgrundbesitzers, die zusätzliches Land für das Projekt zur Verfügung stellte. Daeida hatte von einem Landsitz in Illinois gehört, der den Namen »Hollywood« trug, und übernahm diesen kurzerhand für die neue Siedlung.
Wilcox gilt als offizielle Gründerin der Kommune und zeichnet für den Aufbau der kompletten initialen Infrastruktur der jungen Stadt verantwortlich. Rathaus, Postamt, Polizeistation, Stadtpark, Tennisclub und sogar zwei Banken. Daeida Wilcox war »Hansdampf in allen Gassen«. Und H. J. Whitley schien den richtigen Riecher gehabt zu haben. Denn aus den einstmals 18 Familien auf grüner Wiese wurde rasch ein lebhafter Vorort. Whitley kam zu Reichtum. Schon 1902, nur acht Jahre nachdem er ein paar hundert Hektar Pampa erworben hatte, baute er genau dort das legendäre »Hollywood Hotel« - am »Hollywood Boulevard«. Ein Haus, das mit Ansiedlung der Filmindustrie ab 1910 zum mythenumrankten Hotspot der Prominenz avancierte.
Im Jahr 1912, als Oklahoma nach Zurückdrängung der Ureinwohner offiziell in die Vereinigten Staaten aufgenommen wurde, schlug man den Unternehmer Whitley gar als ersten Gouverneur des neuen US-Bundesstaates vor. Daeida Wilcox starb im Jahr 1914. Und auf dem ehemals bedeutungslosen Farmland entstand das sagenumwobene wie verruchte Zentrum der US-Filmindustrie. Bis heute dominiert Hollywood von diesem Fleckchen Erde aus den Weltmarkt und produziert prädiktive Blockbuster, die den Zeitgeist prägen.
Columbia Pictures, Warner Bros., Paramount-, Universal-Pictures und Disney – jeder kennt die »Big Five« aus dem Vorspann seines Lieblingsblockbusters. Die fünf großen Studios. Und die zahlreichen Skandale um Stars und Sternchen, die seit jeher Titelseiten oder Klatschspalten füllen. Die Storys reichen von simplen Affären über Betrug und Korruption bis hin zu Mord. Reichtum, Dekadenz, Maßlosigkeit und moralische Abgründe zeichnen retrospektiv das Bild eines außer Kontrolle geratenen Sündenpfuhls. Der Großraum Los Angeles war Schauplatz so manch eines realen Krimis, der sich im kollektiven Gedächtnis einbrannte.
Ob Charles Manson und seine Manson Family in den 60ern, der Tod von »Blues Brother« John Belushi im Jahr 1982, der groteske Mordprozess um O. J. Simpson Mitte der 90er, der Tod von Michael Jackson im Juni 2009, der Tod von Paul Walker vier Jahre später oder der seltsame Autounfall von Anne Heche, die kurz vor ihrem tragischen Ableben im Sommer 2022 bekannt gab, eine Doku über pädophile Machenschaften in Hollywood veröffentlichen zu wollen. Die »Stadt der Engel« scheint immer wieder die dunkelsten Seiten des Menschen zu Tage zu fördern.
In der Traumfabrik gib es nichts, was es nicht gibt. Keine Vorstellung ist zu skurril, als dass sie in der Realität keine Entsprechung finden würde. Von wilden Orgien bei Jack Nicholson und Fetisch-Partys in speziellen VIP-Sex-Clubs über Drogen-Exzesse mit Charlie Sheen bis hin zu okkulten Praktiken und Satanismus. So grotesk, abstoßend und amoralisch die Umstände auch sein mögen, überrascht ist niemand mehr. Die Gesellschaft hat sich damit abgefunden, ergötzt sich an den Skandalen. Am Leid anderer. Und die »Yellow Press« macht weiter Auflage – oder Clickbait – mit dem Schicksal, Unglück oder Tod der Hollywood-Prominenz und ihrem oft halbseidenen Umfeld in der milliardenschweren Filmindustrie.
Dass man in LA als Nachwuchsschauspieler nur reüssiert, wenn man die richtigen Kontakte hat, welche sich oftmals erst über die sogenannte »Besetzungscouch« vertiefen, ist ebenfalls Faktum und weithin bekannt. Ethik und Moral machen einen Bogen um den kalifornischen Hotspot. Sie werden ersetzt von Gier und Macht. Die Filmindustrie, stets auf der Suche nach neuen Stars, zieht junge Menschen magisch an. Im Würgegriff ihres Geltungsdrangs geben sie alles, um zu jener winzigen Gruppe zu gehören, die sich von demütigenden Castings in die Sphären eines Superstars aufschwingt – zuallererst meist ihre Würde.
Noch vor fünf Jahren war der Sex- und Missbrauch-Skandal um den Filmproduzenten Harvey Weinstein monatelang in aller Munde und gab der »MeToo«-Bewegung massiv Auftrieb, deren Enthüllungslawine gemäß New York Times vom 29. Oktober 2018 über 200 einflussreiche Männer in Hollywood zu Fall brachte. Neben Weinstein wurden auch Oliver Stone, Larry King, Silvester Stallone, Richard Dreyfuss, John Travolta, Charlie Sheen, Steven Seagal, Russel Simmons, Nick Carter, Dustin Hoffman, Ben Affleck oder auch Kevin Spacey sexuelle Übergriffigkeiten, Nötigung oder Vergewaltigung vorgeworfen.
Auch der notorische, unlängst unter fragwürdigen Umständen verstorbene Finanzbetrüger, CIA-Kollaborateur, Sexualstraftäter, Päderast und Menschenhändler Jeffrey Epstein tummelte sich gerne in der »Stadt der Träume«. Seine linke Hand, die wegen Menschenhandel inhaftierte Industriellentochter Ghislaine Maxwell, sowie die bestens vernetzte New Yorker Publizistin Peggy Siegal sorgten dafür, dass Epstein Zugang zu den Top-Events der hiesigen High Society erhielt und auf den relevanten Gästelisten stand. Siegal galt in der Szene als »bester Weg, um sicherzustellen, dass ein Film einen Oscar gewinnt«, weiß der Business Insider vom 22. Juli 2019 zu berichten.
Pädophile Umtriebe sind allem Anschein nach keine Seltenheit im illustren Kreis der Leinwandhelden, ihrer Entourage und Produzenten. Nicht nur die vorgängig erwähnte Anne Heche hatte sich des Themas angenommen und wollte mittels einer Doku Licht ins sprichwörtliche Dunkel bringen, bevor ihr Elektroauto nach offiziellen Angaben und aus ungeklärten Gründen nicht mehr kontrollierbar war und sie ungebremst an eine Wand fuhr – eine Methode, von der die CIA noch 2017 prahlte, Gebrauch machen zu wollen, um unbemerkt »Sicherheitsrisiken« auszuschalten.
Auch Paul Walker wollte augenscheinlich mit Hollywood brechen, bevor er bei einem Autounfall starb. Wie Chester Benning, der 2017 durch Erhängen verstorbene Sänger der Band »Linkin Park«, soll Walker daran gearbeitet haben, pädophile Machenschaften in der kalifornischen Filmindustrie aufzudecken. Gestorben ist 2019 auch der 42-jährige Schauspieler Isaac Kappy, der sich öffentlich gegen Kindesmissbrauch und satanische Sexualpraktiken mit Minderjährigen in Hollywood aussprach.
Von Missbrauch im Kindesalter spricht auch der Schauspieler Corey Feldman. Im Jahr 2019 erzählte er dem Musikmagazin »Rolling Stone« ausführlich von seinen eigenen Erfahrungen. Bereits im Alter von elf Jahren sei er am Set eines Filmes zum Analverkehr mit Erwachsenen genötigt worden. »Das machen hier alle Jungs«, offenbarte man ihm gegenüber. Sexuelle Handlungen mit Älteren seien normal und hälfen dabei, im Netzwerk voranzukommen.
Die dunklen Geheimnisse Hollywoods beschränken sich allerdings nicht auf den offenbar institutionellen Missbrauch am Individuum. Die Traumfabrik nimmt auch gezielt Einfluss auf das Kollektiv. Und zwar unter Ägide der Regierungen in Washington und London. Analysen zeigen nach Angaben der englischen Zeitung The Independent, dass mehr als 1.100 Spielfilme, die im Mekka des Blockbusters produziert wurden, Finanzmittel des »Pentagon«, also des US-Verteidigungsministeriums erhielten. 900 davon seit 2005. Mindestens 410 Produktionen wurden in Bezug auf Handlung, Darstellung und »Social Impact« direkt vom Militärapparat beeinflusst oder überwacht. Gemäß deklassifizierten Dokumenten der US-Regierung sind es vermutlich doppelt so viele. Diverse Leitmedien berichteten noch im Jahr 2017 ausführlich über die ungesunde Nähe zwischen Hollywood, den Geheimdiensten und dem US-Militär.
Die Vermutung liegt auf der Hand, dass der militärisch-industrielle Komplex das Medium Film nutzt, um seine manipulativen Propaganda-Botschaften unterschwellig zu ventilieren und die Bevölkerung großflächig zu indoktrinieren. Nicht umsonst erscheint manch ein Film im Rückblick seltsam prophetisch. Es handelt sich um Social Engineering mittels normativer Fiktion und »Predictive Programming«, wie Ken Ammi in seinem Buch »Transhuman Hollywood« aus dem Jahr 2019 erklärt.
»Hollywood ist ein Ort, an dem sie dir tausend Dollar für einen Kuss bezahlen und fünfzig Cents für deine Seele.« (Marilyn Monroe)
Die visuelle Erfahrung am Bildschirm bereitet den Menschen auf das Kommende vor, auf das Geplante, indem man ihm Denkmuster und Handlungsschablonen vor Augen führt, die er im Falle, dass ein entsprechendes Ereignis eintritt, nachahmen soll. Schon Edward Bernays, Neffe von Sigmund Freud und seit dem Jahr 1928 dank seines gleichnamigen Buches Vater der professionellen Propaganda, nannte Hollywood »die größte und wirkungsvollste Propaganda-Maschine der Welt«.
Der Plot der großen Titel folgt zudem stets hegemonialen Narrativen des angloamerikanisch dominierten Imperialismus und vermittelt so automatisch die eindimensionale Weltsicht des Wertewestens. Siehe Sean Penn, Schauspieler und ehemaliger Ehemann von Madonna, der vergangene Woche zum wiederholten Male in Kiew aufschlug. Dieses Mal, um Pandora-Papers-Präsident Zelenskyy medienwirksam einen seiner beiden Oscars zu übergeben – und damit Bilder zu erzeugen, die den NATO-Kurs unterstützen.
Auch George Clooney engagiert sich – wie unzählige andere VIPs – für die Organisationen des globalisierten Kapitals. Seit 2006 unterstützt er die Vereinten Nationen (UN), unter anderem in puncto Darfur und Tschad. Oder Angelina Jolie, die 2007 Mitglied des berüchtigten »Council on Foreign Relations« (CFR) wurde und Sonderbotschafterin des UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) ist. Darüber hinaus existieren Belege für Gespräche und geheime Meetings der Schauspielerin mit der CIA und dem Chef des englischen Geheimdienstes MI6. In der Zeitung »The U.S. Sun« äußert sich im Januar 2021 ein Experte, der nach Sichtung aller vorliegenden Indizien zum Schluss kommt, dass Angelina Jolie als Spion aktiv ist.
So verändern unsichtbare Kräfte im Hintergrund schillernder Bilderwelten die subjektive Wahrnehmung der Realität. Gesellschaftliche Strukturen und Kernprozesse sind betroffen, mutieren schleichend unter dem sanften Druck des bewegten Bildes. Daher sind heute weder der Marlboro-Man noch Uncle Ben’s Reis oder der mit leicht bekleideten Models aufgehübschte Würth-Kalender noch gesellschaftlich akzeptabel. Krieg für Frieden und die verfrühte Sexualisierung von Kindern dagegen ist es, wie das von Wokeness usurpierte Schulsystem oder auch Netflix mit kontroversen Serien zeigt.
Die latente Aversion der wertewestlichen Bevölkerung gegen Russland oder arabische Länder wird ebenfalls zu einem gewissen Grad darauf zurückzuführen sein, dass diese in beinahe allen Thrillern mit entsprechendem Handlungsstrang den Bösewicht stellen. So nimmt Hollywood subtil Einfluss auf die Art und Weise, wie Menschen ihre Umwelt, ihren Lebensraum, den jeweiligen Kulturkreis, ihre Gesellschaft und ihre Zukunftsoptionen wahrnehmen. Vom »Product Placement«, sprich verdeckter Werbung großer Konsummarken, die in beinahe jedem Streifen unbewusste Kaufanreize setzen soll, mal ganz abgesehen.
Bis zu diesem Punkt handelt es sich jedoch eher um oberflächliche, recht offensichtliche Beispiele, die vor Augen führen, wie sich Zeitgeist, Popkultur und Konsumverhalten über audiovisuelle Indoktrination nachhaltig verändern. Und zwar ohne, dass vom Souverän aktiv für diese Transformationsprozesse votiert wurde. Bilder sind im postfaktischen Medienzeitalter eine Waffe. Eingesetzt werden sie gegen den Primärfeind des technokratischen Neofeudalismus – die eigene Bevölkerung. Denn entgegen landläufigen Annahmen investieren die Verteidigungsministerien der Welt einen Großteil ihrer Budgets in die Bekämpfung »interner Bedrohungslagen«. In asynchrone Kriegsführung gegen das eigene Volk. Nicht in die Sicherung der Grenzen oder für den Weltfrieden.
Im Falle der USA verdeutlicht das eine Präsentation des NASA-Wissenschaftlers Dennis Bushnell aus dem Jahr 2001, die sich auf 113 Seiten fast ausschließlich diesem Thema widmet – und den Beginn des »Zeitalters der NANO-Technologie« bezeichnenderweise präzise auf das Jahr 2020 terminiert. Gefolgt von Disruption und massiven sozialen Verwerfungen, die Bushnell schon vor zwei Dekaden dazu veranlassen, für das Jahr 2025 eine neue Gesellschaftsform zu prophezeien. In Anbetracht von Bushnells Forschungsauftrag bei der Weltraumagentur wird deutlich, warum 80 Prozent der NASA-Ressourcen in militärische Projekte fließen, anstatt in die Erkundung der unendlichen Weiten des Alls – und warum die US-Regierung diese Projekte bevorzugt hinter der unschuldig weißen Fassade von »Space-Shuttles« und Mond-Missionen versteckt, anstatt sie vom Pentagon betreuen zu lassen.
Die wenigen öffentlich verfügbaren Vorträge des NASA-Urgesteins, das seit den Apollo-Programmen bei der US-Raumfahrtbehörde angestellt ist, sind verstörend. Gegen Dennis Bushnells Visionen von Transhumanismus und psychologischer Kriegsführung wirkt der von der Abschaffung des Homo sapiens räsonierende WEF-»Vordenker« Yuval Noah Harari stellenweise harmlos. Am Forschungsfeld von Dennis Bushnell, der sein Büro nicht am Weltraumbahnhof »Cape Canaveral«, sondern im Langley Research Center der NASA hat, nur einen Steinwurf vom CIA-Hauptquartier entfernt, wird deutlich, welche Bedrohungslage der interne Feind für den Machtapparat Staat darstellen muss. Daher liegt Bushnells Fokus wohl auf »Trojan Horse Civilian Systems« – auf Waffensystemen, die als zivile Projekte ausgerollt werden. Zum Beispiel im Gesundheitswesen. Identische strategische Ziele verfolgt die amerikanische DARPA (Defense Advanced Research Projects), wo die mRNA-Technologie beispielsweise seit Jahren in der Kategorie »Biowaffen« erforscht wird. Der mRNA-Impfstoffhersteller Moderna kann durchaus als »Spin-off« des Verteidigungsministeriums verstanden werden. Das Unternehmen verwertet die für das Militär entwickelten Patente als Plattform-Technologie für die Covid-19-Injektionen und erhält weiterhin Millionenbeträge von der DARPA.
»Public Private Partnerships« wie in Hollywood. Denn die Filmindustrie ist – genau wie Big Pharma, Big Tech, die Telekommunikationsbranche oder die Energiewirtschaft – vom militärisch-industriellen Komplex korrumpiert. Im »Stakeholder-Kapitalismus« unserer Zeit agiert die Konzern-Oligarchie als verlängerte Werkbank des Staates. Als ökonomisch-digitale Exekutive des technokratischen Herrschaftsmodells. So verwundert es kaum, dass einflussreiche Kreise die inszenierte Bilderwelt Hollywoods auf perfide Art instrumentalisieren, um ihre Social Engineering-Bemühungen zu befruchten. Radio, Fernsehen, Kino, PC und Smartphone sind die Massenvernichtungswaffen des Medienzeitalters.
Wie weit die amoralische Regentenkaste (im Showbusiness) geht, um die Schimäre, die man der Menschheit als Realität darbietet, nicht entzaubern zu lassen, zeigt exemplarisch die Causa »Kanye West«. Der amerikanische Produzent, Rapper und Designer, der sich mittlerweile nur noch »Ye« nennt, ist einer der erfolgreichsten Superstars unserer Ära und zwischenzeitlich vielleicht der reichste Afroamerikaner aller Zeiten. Bis vor kurzem war er mit der Selfie-Seuche Kim Kardashian liiert, von der man bis heute nicht weiß, wie sie überhaupt einen derartigen Bekanntheitsgrad erlangen konnte. Was »Ye West« anfasste, wurde zu Gold. Zumindest bisher.
Denn seit er nach eigener Aussage im Jahr 2019 zu Gott gefunden hat und seither immer offener und unerschrockener das Establishment sowie die Musikbranche kritisiert, die mRNA-Injektion als Zeichen Satans bezeichnet, sich gegen zentralistische Massenmedien ausspricht und klare Kante gegenüber der internationalen Hochfinanz zeigt, jagt ein Shitstorm den nächsten. Grammy-Auftritte werden abgesagt, Social-Media-Dienste wie Twitter und Instagram sperren ihn regelmäßig, Großkonzerte werden gecancelt, Dokumentationen nicht ausgestrahlt, Marken wie adidas, Gap oder Balenciaga beenden einseitig ihre lukrativen Kollaborationsverträge mit dem Weltstar, JPMorgan sperrt ihm das Bankkonto. Das System hat ihm den Krieg erklärt.
Um herauszufinden, wer Dich beherrscht, finde einfach heraus, wen Du nicht kritisieren darfst.
Zugegeben: Seine Kritik ist wenig differenziert, plumpfüßig formuliert und zu oberflächlich. Denn Ye bezichtigt »von Juden kontrollierte« Medien, Bankenkartelle und Pharmakonzerne der Verschwörung gegen die Menschheit und macht seine berechtigte Kritik am Monopolismus damit zur Zielscheibe für die locker sitzende Antisemitismus-Keule. Diese trifft ihn derzeit zurecht, weil es seiner eindimensionalen Argumentation schlicht an Substanz mangelt. Er hätte ein paar Bücher lesen sollen, bevor er das gesamte System korrupter Oligarchie vor den Augen der Welt herausfordert.
Dennoch: Er hat Recht. Tatsächlich sitzen in den Vorstandsetagen der US-Musik- und Medien-Branche vornehmlich Menschen jüdischer Abstammung und verdienen viel Geld mit Rap-Musik, die das reale Schicksal weiter Anteile der schwarzen Bevölkerung in Ghettos und Gefängnissen als coolen »Gangster-Lifestyle« glorifiziert. Das hatte im Jahr 2017 auch schon der afroamerikanische Musiker Lupe Fiasco in einem seiner Texte kritisiert. Richtig ist auch, dass jüdische Bankiers zu den einflussreichsten Menschen der Welt gehören und das US-Finanzsystem von Angehörigen des entsprechenden Religionskreises dominiert wird.
Trotzdem ist es töricht und eindimensional, Religion oder Ethnie für jene Zustände verantwortlich zu machen, die Ye derzeit so furchtlos ins Licht der Öffentlichkeit zerrt. Der Superstar verkennt, dass nicht Glaubensbekenntnisse die kriminellen Korporatisten antreiben, sondern Gier. Eine Motivation, die weder politische Spektren noch rote Linien oder moralische Koordinatensysteme kennt.
Ye war schon im Jahr 2016 »ausgeschert«, hatte seinem Frust über die Musikindustrie und so manchen Mainstream-Musiker freien Lauf gelassen, seine Meinung über soziale Missstände ungefiltert kundgetan. Darüber hinaus sorgte er bereits zu diesem Zeitpunkt für Kopfschütteln im Kreis seiner Künstlerkollegen sowie in der »Black Community« als er bekannt gab, Donald Trump statt Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidaten unterstützen zu wollen.
Der Unmut, den Ye mit seinem Verhalten in einflussreichen Kreisen erzeugte, wurde ihm scheinbar zum Verhängnis. Nach offizieller Lesart leidet der Superstar nämlich seit 2016 unter mentalen Problemen. Man diagnostizierte ihm eine bipolare Persönlichkeitsstörung, sagt ihm seither nach, nicht zurechnungsfähig oder im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu sein. So landete er im Jahr 2016, von einer Horde Paparazzi und der hiesigen Klatschpresse belagert, in der Psychiatrie. Seine Darstellung in den Medien wirkt seitdem kontrovers. Von »Everybody’s Darling« zum wirren Freak. Die Einlieferung in die psychiatrische Klinik, eine Zwangsmaßnahme, die Ye in Anbetracht der Handschellen, die er beim Abtransport trug, offensichtlich ablehnte, veranlasste sein »Personal Trainer« – Harley Pasternak – der die entsprechenden Anrufe tätigte und den Künstler entmündigt zu Hause abführen ließ.
Doch wer ist Harley Pasternak? Wie kommt er in die Position, seinen prominenten Kunden einweisen und unter Psychopharmaka setzen zu lassen? Ein genauerer Blick auf die Vita des vermeintlichen Fitness-Coaches schafft Klarheit und zeigt, wie das »System Superstar« in Hollywood funktioniert. Denn Ye ist nicht der einzige weltbekannte Kunde von Pasternak. Folgt man dem Narrativ der Leitmedien ist dieser nichts weiter als ein sehr erfolgreicher Fitnesstrainer und Ernährungsspezialist. Bis vor wenigen Tagen konnte man auf Pasternaks mittlerweile archivierter Wikipedia-Seite noch nachlesen, dass er unter anderem die folgenden Superstars betreut:
»Adam Levine, (…), Lady Gaga, Kim Kardashian, Kanye West, Megan Fox, John Mayer, Amy Schumer, Ariana Grande, (…), Jessica Simpson, Julianne Hough, Robert Pattinson, Pusha T, (…), Katherine Langford, Gwyneth Paltrow, Brad Falchuk, Jordana Brewster, Tobey Maguire, Rihanna, Mac Miller, Jennifer Hudson, (…), Gwen Stefani, (…), Usher, Jack Black, Common, (…), Seth Rogen, Robert Downey Jr., Halle Berry, Amanda Seyfried, Kate Beckinsale, (…), Bono, Milla Jovovich, Alicia Keys.«
Ein beeindruckender Kundenstamm. A-Promi-Portfolio. Man möchte annehmen, der Mann und sein Umfeld seien stolz auf den illustren Kreis von Weltstars, der sich von ihm beraten oder trainieren lässt. Umso erstaunlicher ist es, dass die gesamte vorgängig zitierte Kundenliste zwischenzeitlich aus seinem Wikipedia-Eintrag gelöscht wurde und nur noch über www.archive.org aufrufbar ist. Der Verdacht drängt sich auf, dass entsprechenden Interessengruppen daran gelegen ist, seinen Einfluss auf die genannten Superstars herunterzuspielen. Denn Pasternak ist keineswegs nur einfacher Fitnesstrainer. Das zeigen verschiedene Kurznachrichten von Pasternak an Ye, die der Künstler jüngst, also kurz vor Bearbeitung von Pasternaks Wikipedia-Eintrag, auf seinem Twitter-Account publik machte. In einer dieser Nachrichten schreibt Pasternak:
»Ich werde Dir auf die ein oder andere Weise helfen. Zuerst sitzen Du und ich für eine nette und offene Konversation zusammen. Aber alles was gesagt wird, basiert auf Fakten, nicht auf irgendwelchem dummen Scheiss, den Dir irgendein Freund erzählt hat oder den Du auf Twitter gesehen hast. Die zweite Option ist, dass ich Dich wieder einweisen lasse, wo man die Scheisse aus Dir herausbehandeln wird – und Du gehst für immer zurück nach Zombieland. Spieltage mit den Kindern werden danach einfach nicht mehr das Gleiche sein.«
In einer anderen Nachricht drohte der 45-jährige Pasternak, dass er dafür sorgen werde, dass man Ye die Kinder ganz entzieht, sollte dieser »die Wahrheit ans Licht bringen wollen«. Dieser aggressive Duktus vermittelt nicht unbedingt den Eindruck einer klassischen Kunden-Lieferanten-Beziehung. Und das hat seine Gründe, wie Pasternaks Berufslaufbahn impliziert. Denn vor seinem sagenhaften Erfolg als Hollywood-VIP-Coach arbeitete Pasternak für das kanadische Verteidigungsministerium.
Genauer gesagt für die DRDC (Defense Research and Development Canada). Dort war er im »Defense and Civil Institute for Environmental Medicine« tätig, einer Forschungseinrichtung des Militärs, die sich mit Bewusstseinskontrolle und -manipulation befasst und schon seit den 1950er Jahren eng mit den US-Geheimdiensten kollaboriert – unter anderem in Bezug auf das mittlerweile weithin bekannte und illegale MKUltra-Programm der CIA zur Bewusstseinskontrolle (Central Intelligence Agency), welches die beiden Organisationen vor knapp 70 Jahren sogar zusammen mit dem englischen Geheimdienst MI6 ins Leben riefen.
Pasternak war primär zuständig für Menschenversuche mit Drogen. In Interviews berichtet er selbst davon, wie seine Abteilung mit Stoffen experimentierte, die Soldaten das Schlafbedürfnis nehmen und sie über Tage hinweg wach halten sollten, ohne dass dabei nennenswerte Einbußen der Konzentrationsfähigkeit zu verzeichnen sind. Andere Experimente beschäftigten sich nach Pasternaks Angaben mit Chemikalien, die Gedächtnisverlust auslösen oder die Persönlichkeit des Probanden ändern. Exakt jene Symptome also, unter denen Ye im Jahr 2016 litt, als Pasternak ihn einliefern ließ. Das erklärt wohl, was der vermeintliche Fitnesstrainer unter dem von ihm verwendeten Begriff »Zombieland« versteht.
In einem aktuellen, über drei Stunden andauernden Interview beschreibt Ye wie das »System Superstar« funktioniert. Authentisch, emotional und ungehemmt. Er erklärt, wie man ihn jahrelang manipulieren, formen und beeinflussen wollte. Wie man ihm den Mund verbot, ihm die Familie zerstörte. Und wie Pasternak rabiatere Maßnahmen ergriff, als sich der zunehmend selbstbewusstere Künstler der anhaltenden Subversion dennoch verweigerte.
Man muss Ye nicht mögen. Man muss seine Meinung nicht teilen. Aber man muss sie aushalten. Denn auch wenn sein Informationsstand zu wünschen übrig lässt, seine Rhetorik oft mit Schlichtheit glänzt und sein Ego ihm im Wege steht – es gibt ein Recht auf Meinungsfreiheit. Und er ist auf der richtigen Spur. Auch wenn Korruption, Imperialismus und Monopolismus natürlich nicht auf eine Glaubensrichtung oder Ethnie einzugrenzen sind. Denn die Mächtigen haben nur einen Gott: Mammon.
Zudem muss man einem Menschen Respekt zollen, der in Zeiten inzestuöser Kunst, kupierter Debattenräume und Diskurskotamination zu seinen Überzeugungen steht. Der nicht den Kopf einzieht und sich der Karriere zuliebe dem Kollektiv unterordnet. Der nicht devot den Anweisungen seiner Financiers folgt und seine Reputation, seine Geschäftsbeziehungen, seinen Reichtum, seine Familie und schlussendlich sein Leben zur Disposition stellt, um für offenen Diskurs, Wahrheit und Frieden zu kämpfen.
Als ihn ein Fan vor wenigen Tagen fragte, wie er zu der Situation stehe, entgegnete Ye:
»Mich können sie nicht kontrollieren! Sie konnten Lebron James kontrollieren, (…) sie konnten Jay-Z und Beyonce kontrollieren. Mich können sie nicht kontrollieren! Schau, es gibt keinen Namen, den ich nicht nenne. Es geht ab. (…) Da ist Gott. Das ist der Einzige, dem ich diene. Meine Mutter ist nicht hier. Meine Mutter wurde geopfert. Michael Jordan, was ist mit ihm? Sein Vater. Richtig? Bill Cosby, sein Sohn? Richtig? Dr. Dre. Sein Sohn? Wenn Du in Hollywood bist, da werden ganz schön viele Leute vermisst. Es fühlt sich an, als ob so etwas sehr häufig passiere, um zu kontrollieren, zu traumatisieren. Die wollen monetarisieren und traumatisieren.«
Traum(a)fabrik Hollywood. Toxisch für Künstler wie Publikum. Nun dürfte Harley Pasternak nicht der einzige »Handler« sein – aus dem Englischen frei übersetzt: Mann fürs Grobe –, der sich darum kümmert, störrische Superstars auf Linie zu halten. Vergleichbare Vorgänge gibt es zuhauf. Die Scheinwelt des Promi-Olymp erfordert strikte Kontrolle. Nur so ist die mühsam konstruierte Parallelwelt hinter der Kinoleinwand aufrecht zu erhalten – und die Zivilisation im Zaum. Denn ohne mediale Indoktrination, den omnipräsenten Bildschirm, Propaganda-Posaunen und das suggestive Postulat von unentdeckten Weiten, dem Erzfeind, Utopia oder einem besseren Leben, wäre die Welt eine andere. Womöglich würde sich der Homo sapiens ohne oktroyierte Zerstreuung wieder auf das Wesentliche konzentrieren – und das hat mit Geld, Macht und Krieg nun einmal wenig zu tun.
»Filmemacher sollten bedenken, dass man ihnen am Tag des Jüngsten Gerichts all ihre Filme wieder vorspielen wird.« (Charlie Chaplin)
Bild: Kanye West alias Ye (Bearbeitung: rp)